New York Herald, 16. Juni, 1901, Teil 5, S. 3

Übersetzung aus dem Englischen: Unleserliches mit "xx" gekennzeichnet.

(Weißkopf-Zitate in schräger Fettschrift - siehe weiter unten)

 

TEIL FÜNF     NEW YORK HERALD, SONNTAG, 16. JUNI, 1901  S. 3

 

Nachtwächter aus Connecticut meint, herausgefunden zu haben, wie man fliegt.

 

[Bilduntertitel] FRONTANSICHT DES LUFTSCHIFFS

 

Gustave Whitehead ist ein bescheidener Nachtwächter aus Bridgeport, Conn.. Tagsüber ist er jedoch Wissenschaftler. Er widmet sich den Problemen der Luftfahrt und reiht sich so neben Maxim, Langley, von Zeppelin und anderen in der Aeronautik gleichsam bekannter Personen ein. Er hat bereits sechsundfünfzig Flugmaschinen gebaut. Die nunmehrige, perfektionierte Erfindung ist seine siebenundfünfzigste. Darin sind seine Prinzipien des Fluges verkörpert, soweit sie sich auf den Menschen beziehen. Herr Whitehead ist ein Bayer und weltweit bereist. Er hat den Flug des Albatross über den südlichen Ozeanen, den Geier in Indien und den Adler in den nördlichen Regionen beobachtet und fotografiert. Er behauptet, was die Natur für die Ornithologie ermöglichte, schafft auch der Maschinenbau für den Menschen. Sein Schiff ist bereits über eine Strecke von einer halben Meile frei durch die Luft gesegelt. Er behauptet, eines Tages werden Luftschiffe nach seinem Muster den Globus mit nur einem Tank Treibstoff umrunden. [1986 geschehen – siehe „Voyager“, Rutan]

 

Bridgeport ist für Erfinder wie ein Garten-Eden. Überall gibt es den Klang von Messing, das Klappern von Ventilen und das Surren von Rädern, Tag  und Nacht, Sommer wie Winter. Es verwundert daher nicht, dass der Tagesausflügler in der „Park City“ bald Rollen im Gehirn verspürt, während er die mit Geniehaftigkeit, Eisenspänen und Schießpulver beladener Luftmischung atmet.

 

Bridgeport hat viele Ausländerviertel, in deren dunkelste Ecken der Bazillus der Erfindung tief eingedrungen ist, mit der Folge, dass jemand hin und wieder in einer Zwangsjacke in die Irrenanstalt, Middletown, abgeführt wird, oder aber die Welt mit irgendeiner erstaunlichen, mechanischen Errungenschaft aufschreckt. Aus dem Herzen des Bayerischen Viertels Bridgeports stammt der aktuellste Anwärter auf Reichtum und Ehre. Er heißt Gustav Weißkopf und seine Erfindung ist ein, nach dem in der Natur vorkommenden Muster der Fledermaus, konstruiertes Luftschiff.

 

Hr. Weißkopf ist noch ein junger Mann, obwohl er vor diesem Exemplar bereits sechsundfünfzig Luftschiff von unterschiedlicher Art gebaut hat. Das Aktuellste vereint sämtliche gute Eigenschaften der Vorausgegangenen mit einigen, neuen Eigenschaften, die speziell xxxx xxxxx xxxxxx xxxxxxxxxx. Hierbei ist das Wichtigste der Einsatz von Calcium-Carbid als Antriebsmittel – etwas, das xxxxxxxxx kommt, und als echte Inspiration dient xxxxxxxxxx die Luftfahrt zu befähigen, viel Antriebskraft mitzuführen, ohne dass es dabei zu viel wiegt, war bislang der größte Hindernis zum bemannten Flug.

 

Seit seinem sechsten Lebensjahr baut Hr. Whitehead Luftschiffe. Sein erstes wurde im frühen Alter aus dem Handsonnenschirm seiner Oma gebastelt. Das war damals im weit entfernt liegenden Bayern. Nachdem er das Jungeninternat in Augsburg absolviert hatte, war der jugendliche Erfinder vom [akademischen Leben] enttäuscht und begann eine Karriere in der Seefahrt. Er lernte dabei eine große Menge fremde Länder und Völker kennen, ließ sich jedoch letztlich in Amerika nieder, was die beste Basis für seine aeronautischen Unternehmungen bot, von wo aus er, je nach Erfordernis des jeweiligen Anlasses, Reisen nach England und Europa unternahm, um sich hinsichtlich der aeronautischen Fortschritte, die unter Maxim, Zeppelin, Lilienthal und dem schicksalsgeplagten Andrée erzielt wurden – alle Pioniere dieser gefährlichen und aufregenden Sportarten, die so viel Hoffnung verheißt und praktische Resultate verspricht, auf dem Laufenden zu halten.  

 

Die Raffinesse des Erfinders wird durch seine Geschickte Lösung des Luftfahrt-Problems offensichtlich. Xxx xxxx all diese Jahre, während er darauf angewiesen war, nachts sein Täglich-Brot zu verdienen, während er xxxxxx xxxx xxxx xxxxx in seiner Freizeit die notwendige Zeit abzweigte, um seine Erfindungen voran zu bringen. Er ist zu[weilen] nachts in einer der Industrie-Fabriken Bridgeports beschäftigt, und arbeitet
tagsüber [an seinen Erfindungen]. Es spricht für den Fleiß seiner Schaffenskraft als auch für xx xxxxxxx xxxxxxxxx große Ausdauer, dass er es schafft, zwei Herrn gleichzeitig zu bedienen, was ihm xxxxx hoch anzurechnen sei.

 

Die Erzeugung von Kraft bei möglichst geringem Gewicht ist die Hauptherausforderung der Luftfahrt“, sagt Hr. Weißkopf. „Bislang wurde die Kraft normalerweise, entweder mittels elektrodynamische Apparate, Dampf, Benzin oder Naphtha, usw. erzeugt. Es ist bewiesen, zumindest konkludent, dass das Luftschiff der Zukunft von der Art der Krafterzeugung abhängen und schwerer-als-Luft sein wird, statt etwas Leichteres zum Auftrieb einzusetzen, wie etwa Wasserstoff-Gas.

 

„Ballone werden zwingend stets den Winden und der Schwerkraft ausgesetzt sein, während eine Maschine mit Flügeln, die seine eigene Kraftquelle – wie ein Albatros oder Truthahn – innehat, nach dem Willen des Piloten mittels Regelung der Kraftzufuhr und der Geschwindigkeit auf und ab steigen kann und xxxxx xxxxxx xx xxxxxxxxxxx welche seine xxxx xxxxxxxx. Die vorliegende Konstruktion basiert auf viele Jahre Beobachtung der Leitwerks-Steuerung von Vogelarten der Ozeane und der hohen Berge, von der Möwe der Pazifik bis zum Condor der Anden, sowie der gemeineren Arten wie die flink-fliegende Schwalbe oder die in der Nacht schwebenden Fledermaus.

 

„Es ist eine Sache, ein Luftschiff zu bauen, das dem Piloten ermöglicht, von einer hohen Klippe zu springen und drei bis vier Meilen über eine Flache Ebene herunter zu schweben – damit wird kaum mehr erreicht, als vom sechsten Stockwerk fest gezurrt an einem Sonnenschirm abzuspringen – aber, sich auf Rädern (wie in meinem Luftschiff) zunächst für eine kurze Distanz über ebenen Boden zu beschleunigen, dann bei steigender Geschwindigkeit sich zunächst nach oben zu richten, dann vom Boden komplett aufzusteigen und sich weiter vorwärts mittels eigenem, sich an Bord befindlichen Antriebs weiter fortzubewegen, ist [eine völlig andere Sache]

 

„Genau das habe ich vorliegend mit meiner bisher größten Erfindung erreicht. Mein weitester Flug war zwar nicht länger als eine halbe Meile, er wurde jedoch bei ausreichender Geschwindigkeit und vollkommener Sicherheit bewerkstelligt.

 

„Ein Luftschiff zu konstruieren, welches ein Passagier eine Viertelmeile über flachen Boden trägt, klingt zunächst nicht wie eine besonders große Errungenschaft, dennoch ist sie das. Diese kleine Vorführung liefert den Beweis für die Richtigkeit meiner Theorie. Es ist absehbar, dass der Ballon bei Luftfahrt-Experimenten verworfen wird, denn das Luftschiff der Zukunft wird schwerer-als-Luft sein und durch seinen eigenen, internen Mechanismus angetrieben.

 

„Was ist also nun, der ideale Mechanismus für den luftgetragenen Flug? Natürlich, das Maximum an Kraft verbunden mit dem Minimum an Gewicht. Wiegt also Ihr Luftschiff Hundert Pfund, so müssen auch Ihre Motoren, Kessel und Treibstoff so nahe wie dem gleichen Gewicht entsprechen. In jenem von mir erbauten Luftschiff stellt ein zwanzig Pferdestärke, Doppel-Kommutator-Motor die benötigte Kraft für einen selbsttragenden Flug zur Verfügung. Ein durch Calcium-Carbid und dem daraus entstehenden Gas erzeugte Druck wird in den Zylindern gezündet. In diesem Motor, der nicht mehr als 35 Pfund wiegt, kann ich im Kessel den erforderlichen Druck so erzeugen, wofür sonst ein Dreihundert Pfund wiegenden Dampfkessel sowie der Treibstoff für einen langen Flug benötigt würde. Statt mehrere Hundert Pfund zu wiegen – wie bei Kohle oder Benzin – wiegt der Treibstoff weniger als fünfzehn Pfund. Dieser Calcium-Carbid-Motor ist ebenfalls meine eigene Erfindung. Er verspricht, auch für Automobile und andere Maschinen, die viel Kraft beim geringstmöglichen Gewicht benötigen, Großes zu leisten

 

„Es gibt zwei Motoren in meinem Luftschiff. Einer befindet sich im Rumpfboden und dient dem Vortrieb entlang der Schienen bis es die erforderliche Geschwindigkeit erreicht, um, von den Tragflächen, welche sich wie Flügeln an Beiden Seiten nach Außen erstrecken, gehoben zu werden und aufzusteigen. Die oberen Motoren befinden sich zwischen den Tragflächen und treiben die Propeller-Blätter, welche ein Durchmesser von sechs Fuß und eine Blattfläche von vier Fuß haben, mit einer hohen Drehzahl an. Diese sind ausreichend, um eine Vorwärtsbewegung anzutreiben, während der gesamte Flugkörper von den Tragflächen in der Luft gehalten wird, wobei das Gewicht des Rumpfes zirka fünfzig Pfund und das Gesamtgewicht der Tragflächen, Motoren, Propeller, Treibstoff, usw. zirka Einhundertfünfzig Pfund beträgt.

 

„Der Rumpf ist sechzehn Fuß lang, ist mit leichtem Holz und Stahl bestrebt und mit Stoff, der über dem Rahmengestell leicht bespannt ist, überzogen. Die Flügel sind aus Seide, achtunddreißig Fuß von Spitze zu Spitze mit einem zehn Fuß Ruderschwanz, und alles ist durch Bambus und leichtem Stahl gestützt, und können im Ruhezustand wie die Flügel eines gigantischen Insekts zusammen gefaltet werden. Ein dünner Mast und ein Bugspriet gewähren weitere Festigkeit an die stationären Flügeln und das Leitwerk, das wiederum auf und ab bewegt werden kann im Hinblick auf eine Steuerung der Maschine im Horizontalen. Laterale Steuerung wird durch schnelleres Drehen des einen Propellers als der andere, während der Rumpf durch die 130 Quadratfuß Seide getragen wird.

 

„Luftfahrt ist nicht mehr jener Albtraum, wie er durch die populäre Darius Green Geschichte propagiert wurde. Sie ist nun ins Umfeld des wissenschaftlich Möglichen vorgerückt. Von den Ballons der Montgolfiers im Jahre 1783 bis zu den grandiosen Errungenschaften moderner Forscher wie Langley, Maxim, [Holland], von Zeppelin, Lilienthal und anderen, ist der Fortschritt konstant und vielversprechend gewesen. Währenddessen wird die Notwendigkeit luftfahrttechnischer Erfindungen bei Kriegseinsätzen der Marine und der Armee, bei der Postbeförderung und zu allen Transportzwecken stets offensichtlicher. Die Fotographie hat uns weitgehend eine umfassende Kenntnis des Vogelfluges unter verschiedensten Bedingungen vermittelt.“